Wer in den nächsten 6 Jahren im Amt ist, kann entscheiden, ob Kassel das Völkerrecht des Pariser Klimavertrags mit dem 1,5 -Grad-Limit einhält oder weiter zum Schrecken von „Natur“-Katastrophen beiträgt. Überschwemmungen wie im Ahrtal werden für die Anwohnenden an Fulda, Nieste und Drusel wahrscheinlicher. Die Hitze- und Gesundheitsbelastung in unserer Stadt nimmt zu – insbesondere für alle, die an den Hauptverkehrsstraßen wohnen. Die älteren Menschen in Kassel sind immer gefährdeter, in der drückenden Sommerhitze zu kollabieren.
Jedes Jahr schmilzt Kassels verbliebenes Treibhausgas-Budget von nur noch rund 6 Mio. Tonnen durch die Politik des „Weiter so“ bedrohlich zusammen. Die Oberbürgermeister*innen-Wahl am 12. März ist die wohl letzte Chance für uns Kassler*innen, ernsthaft unsere Emissionen so weit zu drücken, dass wir die Herausforderung der Klimaneutralität bis 2030 meistern, die 2019 von der Stadtverordneten-Versammlung gesetzt worden ist.
Wenn wir wollen, können wir Kassel gemeinsam verändern. Die Kassler Kommunalpolitik hat einen maßgeblichen Einfluss auf die Nachhaltigkeit der Energieversorgung und des Verkehrs der Stadt. Wollen wir in Zukunft mit lokaler Fernwärme heizen und mit Windenergie fernsehen – oder weiter abhängig von klimaschädlichem Erdgas und kriegstreiberischen Autokraten bleiben? Wollen wir eine Stadt, in der unsere Kinder und Enkel unter schattigen Bäumen spielen können – oder eine glühend heiße Asphaltwüste? Sollen weiterhin tausende Kassler Bürger*innen mit Skrupeln in der Gasindustrie arbeiten – oder wollen wir sinnvolle Arbeitsplätze bei Erneuerbaren Energien und im Umbau unserer Verkehrs-Infrastruktur aufbauen?
Auch auf den weiteren Klima-Handlungsfeldern hat die Kommunalpolitik einen maßgeblichen Einfluss. Beim Bauen muss der klimaschädliche Kreislauf von Abriss und noch mehr Zubau aus Beton beendet werden. Schaffen wir es auch, dass keine Kasseler*innen mehr von Mangelernährung betroffen sind und alle Zugang zu pflanzenbasierten sowie ökologischen Speisen haben? Wir können uns aus der Abhängigkeit von globalen Agrar- und Fleischkonzernen lösen, die auch anderswo enorme Schäden anrichten.
Einen soliden und umsetzbaren Plan auf dem Weg in eine lebenswertere Zukunft gibt es bereits: Die Klimaschutzstrategie des Klimaschutzrats der Stadt Kassel. Jetzt brauchen wir eine neue Oberbürgermeisterin oder einen neuen Oberbürgermeister, die oder der diese Maßnahmen auch anpackt.
Sechs Jahre klimapolitische Arbeitsverweigerung
Wir stehen am Ende von sechs Jahren Klima-Blockade durch unseren aktuellen Oberbürgermeister Christian Geselle. In seiner Amtszeit hat er jede Gelegenheit genutzt, um wirksame Klimaschutzmaßnahmen zu blockieren und zu verzögern. Auf seinem Schreibtisch im Rathaus liegen die Stadtverordneten-Beschlüsse zur Fernwärmesatzung, dem Integrierten Mobilitätspaket und zahlreichen weitere Maßnahmen aus der Klimaschutzstrategie – doch er verweigert seine Zustimmung. Immer wieder äußert er sich abfällig zum Klimaschutz. Er missachtet öffentlich den auch von seiner früheren Partei SPD mitgetragenen Beschluss der Klimaneutralität 2030. In den drei Jahren, die der Klimaschutzrat inzwischen die Stadt Kassel berät, ist der Oberbürgermeister trotz mehrfacher Einladung nie erschienen. Die dort mit viel Expertise und Weitsicht für unsere Stadt entwickelte Klimaschutzstrategie würde er am liebsten in der Schublade verstauben lassen. Stattdessen ist Christian Geselle ganz damit beschäftigt gewesen, die Kommune zum „Stadtkonzern“ neoliberal umzubauen. Er steht für das Weiter so auf Kosten von Umwelt und Menschen – mit fatalen Folgen für alle, die schon heute durch die Klimakatastrophe am Abgrund stehen.
Wir brauchen jetzt eine Person an der Spitze des Rathauses, die sich um die Zukunft der Menschen in unserer Stadt und der Zivilisation auf unserem Planeten kümmert.
Eine lebenswerte Stadt für Menschen statt Lärm, Abgase & Asphaltwüste
Wir müssen den Fokus des 20. Jahrhunderts auf den Ausbau des Autoverkehrs überwinden. Die lärmenden Straßen Kassels lassen unsere Stadt den Anschluss an lebenswerte Metropolen wie Paris, Berlin, aber auch unsere Nachbarstädte Göttingen und Marburg verlieren. Es braucht eine Wende hin zu menschenorientierter Verkehrspolitik: mit mehr Freiräumen, strategischer Rad- und Fußverkehrsplanung, Pop-Up- Fahrradwegen, dem deutlichem Ausbau vom Busverkehr und fünf neuen Tramlinien in bislang abgehängten Ortsteilen wie Rothenditmold und Waldau. Unsere Stadt braucht mehr erholsame Begegnungsorte, nicht mehr Asphalt und Beton. Die Stadtverwaltung hat die Pflicht, allen Einwohner*innen aus Kassel und dem Umland zu ermöglichen, auch ohne Auto am Leben in der Stadt teilhaben zu können. Wie sehr es doch unser Portemonnaie und das Leben in der Stadt verbessern würde, wenn jährlich 3 % der Autos und damit auch der Stellplätze abgeschafft werden könnten. Oder wenn wir unsere innerstädtischen Alltagswege per Fuß, Rad und Nahverkehr innerhalb von 15 Minuten sicher zurücklegen könnten. Im Jahr 2030 könnten wir es so schaffen, dass 40% weniger Kilometer innerhalb unserer Stadt mit dem Auto gefahren werden. Die Luft wird gesünder, der Lärm wird weniger, und das Klima wird weniger angeheizt. Das Integrierte Mobilitätspaket aus dem Klimaschutzrat hat mit starker wissenschaftlicher Expertise genau dafür zielgerichtete Lösungen entwickelt. Statt ewiger Prüfaufträge braucht es endlich eine umfassende Umsetzung dieses Mobilitätspakets. Der oder die nächste Oberbürgermeister*in muss im Verkehrsbereich also viele liegen gelassene Projekte anpacken.
Strom und Wärme erneuerbar gestalten
Aber auch bei den Erneuerbaren Energien tritt Kassel weitgehend auf der Stelle. Obwohl Photovoltaik die einfachste und eleganteste Energieform der Städte ist, eilt uns der Landkreis mit einem Vielfachem an neuer Sonnenenergie davon. Wenn der Landkreis schon den Ausbau von Dutzenden neuer Windräder stemmen muss, sollten wir in der Stadt dringend unsere Verantwortung bei der Sonnenenergie wahrnehmen. Die Herausforderungen dabei sind groß: Jedes einzelne Jahr bis 2030 müssen wir in Kassel so viele Solarmodule auf den Dächern installieren, wie aktuell insgesamt in Kassel verschraubt sind. Damit das gelingt, braucht es endlich die schon lange geforderte Solarsatzung.
Doch die noch größere Aufgabe liegt in der Wärmewende. Zum Einen braucht es einen flächendeckenden Boom von Sanierungen – jedes Jahr 3-4% der Gebäude. Zwei einsame Sanierungsmanager für zwei der 23 Kasseler Stadtteile sind da ein Tropfen auf den heißen Stein. Eine umfassende Sanierungskampagne würde hunderte, wenn nicht tausende Arbeitsplätze im Klimahandwerk und für Gewerbe und Industrie in der Erneuerbaren Region Nordhessen bedeuten.
Zum Anderen können wir unsere Fernwärme-Heizwerke einfacher erneuerbar umbauen als jede einzelne Gasheizung. Doch obwohl Flensburg bereits vor vierzig Jahren den Weg vorgezeichnet hat, gibt es in Kassel noch immer kein Anschlussgebot an die Fernwärme – unser Oberbürgermeister blockiert die Fernwärmesatzung seit dem Beschluss aus dem Jahr 2020. Dadurch liegen in vielen Straßen das Gasnetz und Fernwärmenetz nebeneinander, nur ein Drittel der Fernwärme-Anschlüsse sind genutzt. Einige Nachbar*innen heizen dazwischen gar noch mit Heizöl. Die Stadt hat hier die Aufgabe, schnell zu planen, wann wir in welchen Straßenzügen weg vom Erdgas und Erdöl kommen. Mit rasantem Ausbau der Fernwärme durch 50 Kilometer neue Leitungen können wir in Kombination mit 20.000 dezentralen Wärmepumpen die Kosten des Umbaus in Maßen halten und gleichzeitig das Klima schützen. Doch die Städtischen Werke planen im besten Fall nur 10 Kilometer neue Fernwärme-Leitungen pro Jahr und damit nur ein Fünftel des Notwendigen.
Als Mieter*innen in unserer Stadt können wir nur klimagerecht heizen, wenn unsere Städtischen Werke grüne Fernwärme ausbauen. Dafür müssen wir gemeinsam entscheiden, welche großen Flächen wir für Solarthermie nutzen wollen. Wir wollen Großwärmepumpen am Klärwerk und in der Fulda sowie leistungsstarke Saison-Wärmespeicher. Dafür brauchen wir eine*n Oberbürgermeister*in mit dem Mut, Impulse für die städtischen Betriebe zu geben.
Ein zukunftsgerichtetes Kassel geht nur ohne Christian Geselle
Acht Jahre mussten wir auf neue Zahlen warten, um festzustellen, dass die Treibhausgas-Emissionen in Kassel zwischen 2012 und 2019 kein Stück gesunken sind. Unsere Stadt braucht endlich jährliche Monitoring-Zahlen und eine gemeinsame Klimawirkungsprüfung für alle städtischen Beschlüsse. Nur so können wir gegensteuern, falls weiter eine klimapolitische Starre wie in den letzten Jahren herrscht.
Wer Oberbürgermeister*in für Kassel sein will, muss Klimaschutz ernst nehmen.
Die unterzeichnenden Organisationen des Klimaaktionsbündnisses rufen daher dazu auf, bei der Oberbürgermeister*innen-Wahl am 12. und 26. März für eine zukunftsgerichtete Stadt zu stimmen und Christian Geselle abzuwählen.
Unterzeichnende Organisationen
Fridays for Future Kassel
Students for Future Kassel
Klimagerechtigkeit Kassel
Keine A44 – Verkehrswende Jetzt!
Extinction Rebellion Kassel
Radentscheid Kassel
Architects4Future Kassel
kassel kohlefrei
Parents for Future Kassel
Seebrücke Kassel
Gemeinsam gegen die Tierindustrie Nordhessen
Afrique Europe Interact Kassel